Der Stubaier Höhenweg gilt als einer der schönsten Höhenwege der Alpenregion. Um die Bergwelt des Stubaitals von seiner schönsten Seite kennenzulernen, musste eine Länge von ca. 80 km und insgesamt 6000 Höhenmetern in 8 Tagen zurückgelegt werden. Eine entsprechende Grundkondition, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, waren daher nötige Voraussetzungen für die Reise, die innerhalb einer Probewanderung im Mai 2022 am Kettwiger Steig in Essen, von jedem Teilnehmer unter Beweis gestellt wurde. Im Kern der Gruppe befanden sich allerdings „alte Hasen“, das letzte Jahr am Karwendel Höhenweg (quasi gegenüber vom Stubaital) bereits reichlich Erfahrungen sammeln konnten. Es zeigten sich demensprechend gute Voraussetzungen, um die Reise mit voller Vorfreude anzutreten.Da der größte CO2-Fußabdruck beim Bergsport i.d.R. während der An- und Abreise in das Zielgebiet entsteht, beschlossen alle Teilnehmer mit der Bahn und dem Bus zu verreisen, um die, vom DAV unterstütze „Freie Nacht fürs Klima“, zu unterstützen. Somit konnte die Reise nicht nur entspannt und stressfrei durchgeführt werden, sondern es wurde dabei noch etwas Gutes für die Umwelt getan. Auch der erste Zirbenschnaps konnte so von der Gruppe zu sich genommen werden, da keiner selbst ans Steuer musste. Die Teilnahme an der DAV-Aktion wurde während der späteren Tour mit 4 freien Übernachtungen von der teilnehmenden Starkenburger-, Regensburger-, Sulzenau- und Nürnberger-Hütte belohnt.Der erste Tourentag begann für Martin und Werner, am Montag den 08.08., bereits um 3:30 in der Früh am Bahnhof Sterkrade in Oberhausen. Von dort aus ging es für die beiden mit dem Zug nach Duisburg, wo sich die Gruppe mit Sabine, Carolin und Thomas zusammengefunden hatte. Wanderleiter Uwe befand sich zu dem Zeitpunkt bereits vor Ort in Innsbruck, da er zuvor bereits eine Wanderwoche in den Dolomiten verbracht hatte. Die Gruppe kam schließlich pünktlich um 14:00 Uhr am Hbf. Innsbruck an, wo Uwe die Teilnehmer herzlich in Empfang nahm und zum Bus ins Stubaital leitete. Ab Fulpmes ging es zunächst mit der Gondelbahn Kreuzjoch auf den Startpunkt der Höhentour. Über eine Länge von ca. 4 Km und eine Dauer von 2 Stunden wurde in bester Laune und bei schönstem Sonnenschein die Starkenburger Hütte (2.237 Meter) erreicht. Bei einem kühlen Radler und gutem Essen wurde am Abend die kommende Tourentappe zur Franz-Senn-Hütte (2.147 Meter) besprochen.
Die folgende Tagestour begann nach ausgiebigem Frühstück um etwa 7:00 Uhr und verlief über 8 Stunden. Es war eine angenehm zu wandernde Etappe mit etwa 620 Höhenmetern und 15 Km Strecke. Diese umfasste sowohl schroffes als auch grün bewachsenes Gebirge. Die Wanderer kamen an Bergseen vorbei und auch an einer kleinen Alm, die sich für eine kleine Stärkung angeboten hatte. In Erinnerung bleiben insbesondere die in der Sonne funkelnden Steine, die sich im metallischem/kupferartigem Antlitz von ihrer schönsten Seite zeigten. Die ganze Gruppe meisterte die zweite Tour problemlos. Für qualmende Füße bot ein kleiner Flusslauf, neben der erreichten Franz-Senn-Hütte, für Abkühlung. Die Kühle des Flusses vitalisierte die müden Beine und gab Kraft für die nächsten Aufgaben im Gebirge.
Die nächste Etappe verlief am darauffolgenden Morgen in Richtung Neue Regensburger Hütte (2.286 Meter). Während dieses ca. 5 Std. andauernden Abschnitts wurden ungefähr 610 Höhenmeter und eine Strecke von 9 km zurückgelegt. Zunächst ging es im relativ flachen Gebirge ins Kuhgschwetz und danach weiter mit zügigem Aufstieg über den Schrimmennieder bis hin zum Basslerjoch. Nach Erreichen der Jochspitze, wurde die Gruppe mit einer schönen Aussicht über den Stubaier Hauptkamm belohnt. Während einer eingelegten Pause nutzten Uwe, Werner, Thomas und Martin die Gelegenheit, um von der Jochspitze aus den ersten Gipfel der Tour, die Kerrachspitze (2.918 Meter), zu erreichen. Nach dem kleinen Abstieg zurück zu Sabine und Carolin, ging es danach mit der ganzen Gruppe weiter talein zur Regensburger Hütte, wo die ersten verdienten Apfelstrudel verspeist werden konnten. Thomas und Martin legten am späten Nachmittag noch eine kleine Trailrunning Einheit ein, da ein Kleidungsstück während der Wanderung verlorengegangen ist (Leider konnte dieses jedoch nicht mehr aufgefunden werden). Der Abend auf der Hütte gestaltete sich, wie auch die Abende zuvor, sehr heiter, bis Uwe zur Beichte ansetzte (natürlich aber nicht ohne eine Runde Zirbenschnaps zurWiedergutmachung). Denn für den nächsten Tag konnte in der Dresdner Hütte leider kein Zimmer mehr gebucht werden, sondern nur ein Lager, auf die sich die Teilnehmer einstellen mussten. Auch wenn die wildesten Vorstellungen in den Köpfen kursierten, nahm die Gruppe diesen Umstand natürlich mit viel Humor und erwartete voller Vorfreude, die immer wieder von Uwe titulierte „Schlüsseletappe“ der Tour.
Warum „Schlüsseletappe“? Weil schon relativ früh, bei der mit 7 Std. angesetzten Etappe (960 Höhenmeter und 13 km Strecke), der Grawagrubennieder (ein 2.881 Meter hohes Joch) mit vielen versicherten Kletterpassagen erreicht werden musste. Nach Erklimmen des Jochs überquerte die Gruppe mehrere steile, von Felsrippen durchbrochene Hänge und bahnte sich über die spätere Glammergrube, in einemGegenanstieg durch die Wilde Grube, den Weg zur Dresdner Hütte (2.308 Meter). Während der Tour konnten die ersten Gletscher des Stubaitals aus der Ferne bestaunt werden. Da sich die Dresdner Hütte inmitten eines Skigebiets befindet, erfolgen gerade im Sommer viele Sanierungsarbeiten. Dieser Umstand hatte zur Folge, dass die Wandergruppe zum Schluss der Etappe einen langgezogenen Teil über eine sehr steile schottrige Zufahrtsstraße begehen musste, welche nochmal an den Kräften zehrte. Sichtlich erleichtert waren daher alle, als die ersehnte Hütte erreicht wurde – übrigens auch über die angekündigten Lager konnte man sich freuen, denn diese bieten in der Dresdner Hütte nahezu den gleichen Komfort eines regulären Zimmers (selbst Steckdosen gab es direkt im Schlafraum).
Auf dem weiteren Weg von der Dresdner Hütte hin zur Sulzenau Hütte (2.191 Meter) gab es zwei Wanderoptionen für die Gruppe. Entweder über das Peiljoch oder den großen Trögler, einem 2.902 Meter hohen Gipfel. Die Gruppe entschied sich bereits am Vorabend erneut zu Gipfelstürmern zu werden und wagte den Aufstieg über die Geröllhalden des Berges bis ganz nach oben. Während der mit 430 Höhenmetern und 5 km angesetzten Etappe wurden die Wanderer zum ersten Mal nicht von Sonnenschein begleitet. Gerade beim Aufstieg am Morgen bot sich jedoch ein interessantes Naturschauspiel aus Wolkenzügen und Aufheiterungen, die es immer wieder über die Bergkanten hinweg zu bestaunen gab. Nach Erreichen des Gipfels ging es weiter über meist grüne Serpentinenhänge in Richtung Sulzenau Hütte, welche der Sektion Leipzig zugehört. Da der Tag noch lang war, entschied sich die Gruppe, nach kurzer Erholungspause, noch den nahegelegenen Wilde Wasser Weg zu wandern. So trennten sich die Wege von Sabine, Thomas, Carolin und Werner, die zur blauen Lacke, einem türkisfarben getränkten Bergsee, gegangen sind, und von Martin und Uwe, die eine Eismoräne des Sulzenaugletschers besucht haben. Sichtlich zufrieden von den gemachten Touren kamen alle zum Abendbrot zusammen und berichteten bei zahlreichen Kartenspielrunden vom Erlebten. Dabei wurde ebenfalls die kommende Tourenetappe bis hin zur Nürnberger Hütte (2.297 Meter) besprochen. Auch beim nächsten Abschnitt (Dauer 4 Std. mit 480 Höhenmetern und 5 km Strecke) boten sich zunächst zwei Optionen an. Eine über die Mairspitze (2.781 Meter) oder eine weitere verkürzte Möglichkeit, den Übergang des Niederl (2.629 Meter).
Da bereits zu Beginn der Reise das Wunschziel gesetzt wurde am letzten Wandertag von der Innsbrucker Hütte auf den 3.277 Meter hohen Habicht aufzusteigen, es aber bis dato immer schlechte Wetterprognosen gab, war man sich in der Gruppe noch nicht so sicher, ob dies auch funktionieren könnte. Durch einen Zufall traf die Gruppe in der Sulzenau Hütte einen weiteren Wanderer, der davon berichtete, am nächsten Tag den Gipfel des Wilden Freiger (3.418 Meter) zu erklimmen. Da dieser Gipfel am Folgetag gut zu gehen und mit Thomas ein weiterer ausgebildeter Wanderleiter in der Gruppe war, beschlossen Uwe und Martin (nach vorheriger Abstimmung mit der Gruppe) sich auf das kleine Abenteuer einzulassen. So ging es über den Umweg in einer ca. 10 Std. andauernden Etappe mit mehr als 1200 Höhenmetern auf den Wilden Freiger. Der zweite Teil der Gruppe folgte hingegen Thomas über den Höhenweg über die Mairspitze. Der Gruppengedanke und eine positive Stimmung standen stets im Vordergrund während der gesamten Reise. Dies zeigte sich nicht nur bei gemeinsamen Entscheidungen, sondern auch im Miteinander. So wurde dies u.a. bei Ankunft von Uwe und Martin in der Nünberger Hütte deutlich. Als glückliche Bezwinger eines der höchsten Berge des Stubaitals wurde sich bei Ankunft direkt von allen mitgefreut. Einen besseren Zusammenhalt hätte man sich nicht wünschen können.
Von der urigen Nürnberger Hütte aus ging es am drittletzten Tag der Wanderung, wieder in gewohnter Gruppenstärke, weiter bis zur Bremer Hütte (2.413 Meter). Über eine Dauer von knapp 4 Stunden ging es auf die mit 610 Höhenmetern und 6 Km lang angesetzte Strecke. Auch auf diesem Abschnitt konnte man eindrucksvoll den Einfluss der Gletscher auf die Gesteinsformationen der Landschaft betrachten. Nachdem das sogenannte „Paradies“, mit seinen prachtvollen Bergseen überquert wurde, ging es von dort aus weiter aufwärts auf die in 2.754 Meter hoch gelegene Zollhütte am Simmingjöchl. Bei bestem Wetter wurde hier eine ausgedehnte Pause mit wunderschönem Blick auf die Bergwelt des Stubaitals gemacht. Der Abstieg zur wunderschönen Bremer Hütte war somit ein leichter. Am Nachmittag wurde um die Bremer Hütte herum entweder entspannt oder noch kleinere Wanderungen zu nahegelegenen Bergseen unternommen. Schon nachmittags, bei Ankunft an der Hütte, war klar, der Koch der Bremer Hütte kann was! So zauberte er zum Abend hin Wiener Schnitzel vom Allerfeinsten und legte somit mit einstimmigem Ergebnis das wohl beste Essen der gesamten Hüttentour hin.
Leider musste am Folgetag der Stubaier Höhenweg, für die eigentlich in 7 Stunden zu erwandernde Tour, Richtung Innsbrucker Hütte (2.369 Meter) verlassen werden, da sich ein großes Unwetter angebahnt hatte. Schon am Vorabend war vielen der Bremer-Hütten-Besucher klar, dass nach einer alternativen Route gesucht werden musste (andernfalls blieb nur noch der Weg ins Tal in ein Hotel). Da das Gewitter ab ca. 12 Uhr angekündigt war, beschloss die Gruppe relativ zeitig den Weg übers Tal zu suchen und von dort aus wieder zur Innsbrucker Hütte aufzusteigen. Die Gruppe erwartete eine Wanderung gegen die Zeit. Doch auch wenn der Höhenweg für den vorletzten Tag verlassen werden musste, so wurde eine anspruchsvolle Etappe mit nahezu 1200 Höhenmetern überwunden, bei dem die Gruppe, nach ereignisreichen Wandertagen, abermals an ihre körperlichen und geistigen Grenzen geführt wurde. Nachdem die Innsbrucker Hütte durch gute Teamleistung gegen 14 Uhr erreicht wurde und die ersten Regentropfen einsetzten, waren alle froh sicher am Zielort der Tour angekommen zu sein. Von der Hütte aus konnte am Abend schließlich die gesamte Gewalt der Natur auf über 2.000 Meter Höhe bestaunt werden. Im Gedanken waren aber einige der Wanderer bereits beim Aufstieg auf den Gipfel des Habichts am nächsten Morgen. Denn da sich die Unwetterlage um einen Tag nach vorne verschoben hatte, war ein Aufstieg bei bestem Wetter wieder möglich. So beschlossen Martin, Thomas, Uwe und Sabine, vor dem gemeinsamen Abstieg ins Tal, noch die selbsternannte „Kirsche auf der Sahnetorte“ der Tour zu erklimmen. Der Aufstieg auf den 3.277 Meter hohen Habicht zog sich über einige versicherte Klettersteige. Über mehrere Vorgipfel ging es dann Stück für Stück auf die Gipfelspitze. Die Sicht ins Tal war zu jederzeit blendend und ist sehr empfehlenswert. Geistig gefordert vom Abstieg, wurden die Vier mit voller Freude von Carolin und Werner empfangen. Nach einer kurzen Kaspressknödel-Pause ging es danach schließlich mit der ganzen Gruppe zurück ins Tal und über das Pinnistal nach Neder, wo der Bus zum Hotel wartete.
Alle Teilnehmer waren überaus glücklich den Stubaier Höhenweg auf ihre Weise bewältigt zu haben. Am Abreisetag freuten sich die Teilnehmer bei einer entspannten Rückfahrt bereits auf ein paar angenehme Tage daheim. Andere Teilnehmer träumten schon von den nächsten Abenteuern und höheren Gipfeln im kommenden Jahr.Allen Mitgliedern unserer Sektion wünschen wir tolle Erlebnisse in der Bergwelt, egal wo ihr euch gerade befindet und unterwegs sein werdet.
Eure Carolin, Sabine, Thomas, Uwe, Werner und Martin
Martin Lichy