Von der Aufregung der Vorbereitung bis zur Euphorie auf dem Gipfel: Begleiten Sie uns auf unserer unvergesslichen Reise zum Jbel Toubkal, dem höchsten Berg Nordafrikas. Entdecken Sie, wie eine Gruppe von Freunden aus NRW die Herausforderungen, die Schönheit und die Kultur des Atlasgebirges erlebt hat. Doch die Reise endet nicht am Gipfel; sie nimmt eine unerwartete Wendung, als ein Erdbeben die Region erschüttert.
Im Mai 2023 ging es endlich los: Unsere Tour auf den höchsten Berg Nordafrikas. Wir vier, befreundete Pärchen aus NRW, wollten mal etwas anderes erwandern als unsere Touren, die wir bisher gemacht haben. Bis zu diesem Zeitpunkt waren wir gemeinsam, hauptsächlich innerhalb Deutschlands oder in unseren schönen Alpen unterwegs. Da eine von uns gebürtige Marokkanerin ist, war schnell klar, dass es ins Atlasgebirge nach Marokko gehen sollte. Ziel war der Jbel Toubkal, den die meisten von uns bis dahin gar nicht kannten.
Nach wochenlanger Recherche stand unsere Tour nun fest. Wir hatten uns auf, unglaublich viele, positive Bewertungen verlassen und bei einem Riad im Bergdorf Imlil ein wirklich vollkommenes Rundum-Paket gebucht. Said, unser Gastgeber, hat alles für uns perfekt organisiert, ganz individuell auf unsere Gruppe zugeschnitten.
Am 17. Mai ging es also los, unsere Tour in ein für uns fremdes Land. Wir waren aufgeregt, voller Vorfreude, angespannt, neugierig, irgendwie alles zusammen oder immer wieder im Wechsel. In Marrakesch wurden wir von einem Fahrer abgeholt, um zum 70 km entfernten Bergdorf Imlil zu kommen. Für Marokko war das Wetter eher schlecht. Es hat geregnet und die Temperaturen waren auch nicht besonders warm. Auf 4000 hm sollten sogar -20 Grad sein. Dadurch nahm die Anspannung eher zu, statt ab.
Es dauerte nicht lange, bis wir den Trubel der Millionenstadt Marrakesch hinter uns ließen und die Landschaft Marokkos genießen konnten. Nach ca. 1 stündiger Fahrt mit vielen Eindrücken erreichten wir Imlil. Said hatte den Kamin angemacht und uns erstmal Tee, den es wirklich immer und überall in Marokko gibt, gebracht. Nach dem marokkanischen Abendessen, Kichererbsensuppe und einer Tajin, kamen wir nun zu unserer Tour. Said erzählte mit Hilfe einer Landkarte, wie die nächsten zwei Tage aussehen werden. Er hatte Kontakt zu einem Guide, der gerade oben am Gipfel ist. Das Wetter war leider, durch die ungewohnte Kälte, nicht ganz auf unserer Seite. Die nächsten zwei Tage sollten sonnig werden, nur oberhalb wohl wirklich kalt.
18. Mai: Unsere Tour begann: Gemeinsam mit zwei Guides, Köchen und Mulis zogen wir morgens gegen 9.30 Uhr Richtung Jbel Toubkal los. Einer von uns (Knie geschädigt) war in Imlil geblieben und hat dort mit einem Guide zwei sehr schöne Touren im Atlasgebirge unternommen. Für uns Andere war das heutige Tagesziel das Refugium Moflon. Für diesen Tag lagen also 1500 Höhenmeter vor uns. Der Weg war sehr leicht, wunderschön und viel grüner um uns herum, als wir alle gedacht hatten. Die Landschaft war einfach nur phantastisch. Hin und wieder mussten wir Platz für entgegenkommende Mulis (die alle sehr geflegt und gut behandelt aussahen) mit Ihren Besitzern und anderen runterkommenden Wanderern, machen. Gegen 13 Uhr haben wir eine Mittagspause gemacht, bei der wir von unseren beiden Köchen verköstigt wurden. Das Essen war während der ganzen Tour sehr ausreichend, marokkanisch, überaus schmackhaft.
Gegen 17 Uhr kamen wir am Refugium an, wo es leider sehr, sehr kalt war. Holz, um den Kamin anzumachen, gab es leider nicht. Daran sieht man, wie arm die Region ist. Ab 17 Uhr sollte es Strom geben, der dann auch erst gegen 18 Uhr da war. Somit saßen wir erstmal erschöpft, frierend im Dunkeln. Manche nahmen es mit Humor, andere nicht so. Spätestens, als unsere Köche heißen Tee, Kirchererbsensuppe und eine Tajin gebracht haben, hob sich die allgemeine Stimmung wieder.
Nach dem Essen, wurde viel geredet über den vergangenen Tag, diskutiert über den folgenden Tag und die bevorstehende halbe Nacht im 20 Betten Lager.
19. Mai: Die meisten von uns haben sehr unruhig geschlafen, daher waren wir froh, um 3.15 Uhr aufstehen zu können, um die innere Anspannung loszuwerden. Alles wurde angezogen, was vorhanden war, denn wie befürchtet lagen die Temperaturen bei – 18Grad. Es war sehr ruhig, jeder war mit sich und seinen Sachen beschäftigt. Frühstück 3.45 Uhr. Losgegangen sind wir dann ca. um 4.15 Uhr. Ausgerüstet mit Stirnlampe, Mütze, Halstuch, Handschuhen und gemischten Gefühlen, ob man es denn bis zum Gipfel schafft oder vielleicht doch umkehrt, ging es dann hintereinander langsam hoch. Vor und hinter uns konnte man, durch das Strahlen der Stirnlampen, die einzelnen Truppen gut erkennen.
Im Gegensatz zum Vortag war der Weg - aus mehreren Gründen - sehr anspruchsvoll. Der wichtigste Grund war die Kälte, die uns echt zu schaffen machte. Dadurch, dass am Vortag die Sonne schien und es in der Nacht gefroren hat, waren die Schneefelder vereist, die man dann nur mit äußerster Vorsicht überqueren konnte. Alle Guides, egal zu welchem Trupp sie gehörten, waren sehr hilfsbereit.
Nach anstrengenden vier Stunden und 900 Höhenmetern haben wir das Ziel bei scheinender Sonne. Erreicht. Die Euphorie hielt sich leider wegen der Kälte in Grenzen, so dass wir nach wenigen Minuten den Rückweg wieder angetreten sind.
Am Refugium angekommen, bekamen wir durch unsere Köche abermals eine ausgezeichnete Stärkung und traten nach dieser Pause den Rückweg nach Imlil in ausgelassener Stimmung an. Unterwegs gönnten wir uns hin und wieder einen frisch gepressten O-Saft. In Imlil sind wir gegen 17 Uhr angekommen und wurden von unserem Kniegeschädigten und Said herzlich begrüßt.
Fazit: Das Atlasgebirge ist ein wunderbares, besonderes Wandergebiet mit überaus freundlichen Menschen. Jeder, der gerne wandern geht, sollte sich dieses nicht entgehen lassen. Es muss nicht der Gipfel des Jbel Toubkal sein, die ganze Gegend ist für Wanderer sehr empfehlenswert.
Wie ja alle wissen, gab es am 09.09.23 ein sehr schweres Erdbeben in Marokko, mit dem Epizentrum im Atlasgebirge. Sofort nahmen wir Kontakt zu Said auf, mit der erstmal freudigen Nachricht, dass er und seine Familie leben. Wie in vielen anderen Dörfern ist in Imlil vieles zerstört, unter anderem das Haus von Said und seiner Familie. Das Gästehaus „Atlas Imoula“ ist standhaft geblieben und im Moment die Unterkunft für viele Dorfbewohner. Imlil lebt vom Tourismus und wir hoffen, dass viele Menschen bald wieder dorthin reisen, damit die Region nicht noch mehr geschädigt wird.
Wie kann man helfen? Fragen gerne an mich: su.ermers@gmail.com
Text und Fotos von Susanne Ermers